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»Ich höre Dich mit meinen Augen«

»Ich höre Dich mit meinen Augen«

Anmerkungen zu Oper und Literatur


Aus dem Englischen übersetzt von Karen Genschow und Alexander Roesler

In seiner pointierten Deutung höchst klassischer Kulturgüter geht es Slavoj Žižek um die Entlarvung der Ideologie selbst an Orten, an denen man sie bisher nicht vermutet hatte. Mit scharfem Witz und dem rechten Gespür für das Paradox zielt er immer auf das aktuell Politische, das sich am klarsten in den Werken der Kunst und der Massenkultur zeigt. Diese muß man verstehen, will man die Kämpfe der Gegenwart analysieren.
Žižek will mit diesem Buch eine regelrechte lacanianische Paranoia anzetteln: Die Leserinnen und Leser sollen dazu gebracht werden, sich mit beliebigen Werken ihrer Wahl zu befassen und mit einem Mal überall Lacan`sche Motive zu erkennen - von Mozart bis Richard Wagner, von Shakespeare bis Kafka. Dies ist kein Buch über Lacan - und doch ist er abwesend anwesend, wie ein stiller Teilhaber, dessen Spuren sich vor allem dort zeigen, wo er nicht zu sehen ist.
Und zugleich ist dieses Buch wirklich eines über die Phänomene der Stimme und des Blicks in Oper und Literatur. Es schließt klassische Texte für eine aktuelle politische wie theoretische Lesart neu auf. So legt Slavoj Žižek mit Hilfe der Dramen Shakespeares die Struktur der Melancholie frei und zeigt die verborgenen Funktionsmechanismen der Macht. Oder er zeigt anhand von Kafkas »Brief an den Vater« die erdrückenden Dominanz des Namens-des-Vaters und erläutert an Mozarts »Così fan tutte« die illusionslose Logik der Liebe. An Mozart demonstriert er die Wirkung des Glaubens und wie es gelingen kann, mit Hilfe eines Rituals und seiner Ausführung die eigenen Überzeugungen zu transformieren. An Wagners Werk schließlich zeigt er die Dimension des Selbstopfers in ihrem Zusammenhang mit der Vorstellung reiner Liebe - nicht zuletzt, um den politischen Gehalt des »Rings der Nibelungen« in den Blick nehmen zu können.