So fern diese Zeit aber zu sein scheint, hier sind die Grundlagen unserer Wirklichkeit gelegt worden. Der vehemente technologische, ökonomische und gesellschaftliche Wandel, Fortschrittsglaube und Fortschrittsängste und der Aufbruch in die Globalisierung setzen im 19. Jahrhundert ein.
Zögerlich und gebrochen, nicht einfach vorwärts, sondern in viele Richtungen laufend, den Fortschritt ebenso organisierend wie den Konservatismus, so hat Fontanes »Moderne« das kollektive Imaginäre erfunden, an das wir heute, jeder mit seinem individuellen Apparat, angeschlossen sind.
Als eine junge Begriffsprägung entstand das »Imaginäre« mit dem Modernisierungsschub nach 1850 und dem bis heute stetigen Steigen der »Bilderflut«. Es hat seine Vorgängerbegriffe, die Einbildungskraft und die Phantasie, nicht abgelöst, aber die Subjekte und Institutionen träumten und sprachen nun in einem neuen Gesamtraum von »Imaginärem«, dessen Existenz das Ergebnis technischer, ökonomischer und gesellschaftlicher Modernisierungsprozesse war. Fontane und die Freunde seiner »Sehgemeinschaft« haben dieses neue Imaginäre erkundet und mit seiner kollektivistischen, globalen und visuellen Pointe dargestellt. Sie haben begriffen, dass nicht die klare Unterscheidung von real und irreal, sondern die alltäglichen Mischungen von Realem und Imaginärem das soziale und politische Handeln bestimmen. Vor allem Fontane hat gesehen, dass die Angst, mit Realien gespeist und Wirklichkeiten schaffend, sich in die Anachronismen seiner Moderne eingenistet hat.
Ausgehend vom Werk Theodor Fontanes eröffnet Gerhart von Graevenitz in seinem großen Buch eine neue Perspektive auf diese Moderne.
Pressestimmen
»Gerhart von Graevenitz hat (...) die gesamte Denk- und Medienwelt des neunzehnten Jahrhunderts dargestellt«
(Heike Schmoll, Frankfurter Allgemeine Zeitung)