Maria Kuberg untersucht in detaillierten Lektüren chorischer Theaterstücke von Heiner Müller, Botho Strauß, Elfriede Jelinek, Tankred Dorst, Ewald Palmetshofer, Rainald Goetz, Gert Jonke und René Pollesch, wie der Chor in zeitgenössischen deutschsprachigen Theatertexten zur Sprache kommt. Welche Formen nimmt die Chor-Gemeinschaft dabei im Text an? Und wie korrespondieren diese mit der dramatischen Gattung, die doch grundsätzlich die Handlungen Einzelner vorführt? Das sind die leitenden Fragen dieser erhellenden Erkundung des Theaters der Gegenwart, die es als Reflexion über Gemeinschaft profiliert.
Dabei operiert die Untersuchung auf drei historischen Ebenen: Chorische Theatertexte aus dem späten 20. und frühen 21. Jahrhundert werden mit einer theatralen Tradition konfrontiert, die bis in die griechische Antike zurückreicht. Zwischen den antiken und den aktuellen Texten vermittelt die philosophisch-ästhetische Auseinandersetzung mit dem Chor, wie sie im 19. Jahrhundert Schiller, A. W. und F. Schlegel, Hegel und Nietzsche führen. Im Zusammenspiel dieser drei Ebenen wird so eine Theorie des Chorischen entwickelt, die Gattungsaspekte und Gemeinschaftstheorien gleichermaßen berücksichtigt und die das ästhetische wie auch das politische Potenzial der untersuchten Texte erschließt.